Die WHO-Arbeitsgruppe zur Ethik der Forschung zur Manipulation der menschlichen Keimbahn setzt auf Umsicht statt Aktivismus

 

Ein Kommentar von Ole Döring

Die unter dem Schock der Berichte über die Geburt zweier genetisch manipulierter Kinder in Südchina Ende 2018 neu eingesetzte Arbeitsgruppe der Weltgesundheitsorganisation zur Ethik von sogenannten Verfahren des „genome-editing“ an Menschen hat ihre erste Pressekonferenz abgehalten.

Die Gruppe grenzt sich von populären Forderungen nach einem „Moratorium“ ab und setzt stattdessen auf vernünftige und nachhaltige Planung sowie auf gründliche Prüfung von Informationen: man möchte dazu beitragen, „einen aussagekräftigen und nachhaltigen Regulations-Rahmen und Vorschläge für den verantwortungsvoll engagierten Umgang (Responsible Stewardship) mit der Genom-Manipulation und eine breite Grundlage für Aufsichts-Maßnahmen zu schaffen“. Dabei sollen ausdrücklich auch solche Fälle untersucht werden, die im Schatten der öffentlichen Aufmerksamkeit geblieben sind.

Die Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Margaret Hamburg bezeichnete den prominent gewordenen chinesischen Fall als einen „sehr wichtigen Untersuchungsgegenstand“.

Diese Strategie einer sorgfältigen und umfassenden Prüfung und des Aufbaus einer vollständigen Registratur erscheint als erster Schritt, mit dem Potential, dieses schwierige Thema als Chance für eine weltweite Zusammenarbeit im Sinne der Globalen Gesundheit zu nutzen. Die Arbeitsgruppe kann dazu beitragen, daß wir genauer verstehen, was die Forschung an welchem Ort macht, welche Interessen hierbei zusammen wirken, und wo ethisch ausgerichtete Interventionen ansetzen können. Sie lädt alle Interessenten ein, ihre Kompetenzen in diesen Mapping- und Evaluationsprozeß einzubringen.

Allerdings sind allzu große Hoffnungen noch unangebracht. Angesichts der seit der Einführung der IVF vor 40 Jahren offenen gebliebenen ethischen und wissenschaftlichen Probleme, die mit der Manipulation des menschlichen Erbguts verbunden sein können, ist eine solche Strategie überfällig. Die Arbeit unter diesem Tenor fängt neben erst an.

Es wird auch darum gehen, aus dem Versagen der bisherigen Wissenschafts-Ethiksysteme zu lernen. Diese haben tiefgehende Fehlentwicklungen erst möglich gemacht, die immer wieder in Skandalen sichtbar werden.

Das offen und inklusiv ausgelegte Arbeitsformat der Arbeitsgruppe, die Kompetenz vieler der Beteiligten und die Festlegung auf einen Kurs der Verantwortung geben dennoch Anlaß zu Hoffnung, daß die Zeiten sich auf zum Positiven wandeln können.

Weitere Informationen:

https://www.who.int/news-room/detail/19-03-2019-who-expert-panel-paves-way-for-strong-international-governance-on-human-genome-editing

https://www.sciencemag.org/news/2019/03/who-panel-proposes-new-global-registry-all-crispr-human-experiments

https://www.nature.com/articles/d41586-019-00942-z