Der Dialog der asiatischen Zivilisationen in Beijing aus europäischer Perspektive

Auszug eines Artikels von Verena Menzel in CHINA HEUTE

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Dass Menschen zum Dialog an einen Tisch kommen, bildet auch für den Deutschen Sinologen und Philosophen Prof. Dr. Ole Doering, Mitbegründer des Think Tanks „Institute for Global Health“ in Berlin, die Basis für jede Form der Völkerverständigung. „Dass die Menschen miteinander reden und sich nicht bekämpfen, dass sie versuchen, sich gegenseitig zu verstehen, ist die Mindestanforderung. Es handelt sich immer um einen Prozess, aber zuerst müssen wir uns gegenseitig respektieren, danach können wir einander kennenlernen. Und nachdem wir uns besser kennengelernt haben, verstehen wir, was wir brauchen und wie wir zusammenarbeiten können. Der Rest kommt dann schon ganz automatisch“, sagt der Forscher.

Derzeit biete sich der Welt eine einzigartige Chance, so Doering: „Wir haben jetzt die Möglichkeit, etwas zu tun, was wir in den letzten 200 Jahren nicht getan haben, nämlich einander als Zivilisationen vorzustellen, dem anderen unseren Bezugsrahmen und unsere Erfahrungen verständlich zu machen, zu zeigen, woher wir kommen und wer wir sind, und gleichzeitig auch zu fragen, wer das Gegenüber eigentlich ist.“

Derart gute Voraussetzungen, eine echte kulturelle Verständigung zwischen China und Europa zu beginnen, habe es das letzte Mal gegeben, nachdem der italienische Jesuit Matteo Ricci im 16. Jahrhundert nach China gekommen sei, erklärt der deutsche Sinologe.

„Gemeinsam mit seinem chinesischen Kollegen Xu Guangqi hat Ricci die sogenannte Akkommodationstheorie entwickelt, die davon ausgeht, dass alle Menschen als vernünftige Wesen ein gemeinsames Fundament besitzen, das Verständigung grundsätzlich möglich macht. Man muss sich bloß Zeit geben, sich aneinander zu gewöhnen.“ Dass sich einzelne Kulturen jeweils anders organisieren, was sich zum Beispiel in Riten oder teils sehr unterschiedlichen formalen Strukturen zeige, stehe dieser Verständigung keineswegs im Wege.

„Bevor es zum großen Knall mit den Opiumkriegen im 19. Jahrhundert kam, hatten wir die Chance, uns kennenzulernen. Wir haben sie damals nicht genutzt. Jetzt bietet sich uns diese Möglichkeit zum allerersten Mal erneut. Ich hoffe, dass wir es diesmal richtig machen“, sagt Doering.

Doch dafür sei im Westen ein Umdenken erforderlich, betont er. „Win-win funktioniert im Denken vieler Europäer noch immer nur im Rahmen der eigenen Komfortzone der transatlantischen Welt, das heißt innerhalb des westlichen Blockes aus Zeiten des kalten Krieges, der aber natürlich längst nicht mehr existiert.“ Was das betreffe, stecke Europa noch immer in den Denkmustern des 19. Jahrhunderts fest. „In den USA herrscht noch die Mentalität des 18. Jahrhunderts vor. Die Chinesen hingegen sind in ihrem Denken bereits im 21. Jahrhundert angekommen und finden schon heute neue Zugänge zur Entwicklung“, so der Deutsche.

Insbesondere in Bezug auf die von China vorgebrachte Seidenstraßeninitiative wünscht sich Doering mehr Engagement von europäischer Seite. „Europa darf Chinas Seidenstraße nicht einfach passiv hinnehmen oder sich darüber beschweren, sondern wir müssen sie als wirtschaftliches Globalisierungsprojekt aktiv mitgestalten“, fordert er.

Auch hierfür kann die Konferenz in Beijing seiner Ansicht nach neue Impulse geben. „In seiner Grundsatzrede bei der Eröffnungsfeier fand Xi Jinping sehr richtige Botschaften, um alle zu motivieren, die Seidenstraßeninitiative als konstruktiven Ansatz zu begreifen, der Menschen zusammenbringt. In diesem Sinne ist diese Konferenz ein sehr guter Anfang, um in Zukunft noch mehr zu bewegen“, so der Deutsche.